Grabeskirche - die Kirche, die nie schläft; Tel Aviv

Veröffentlicht auf von yerushalayimshelzahav

Eine allgemeine Bemerkung zu Beginn: Von den politischen Verwicklungen bzgl. Syrien oder Iran bekommen wir hier nichts direkt mit. Und auch die Tatsache, dass es in letzter Zeit Vorfälle auf dem Tempelberg gab, hat keine breitere Auswirkung. Am Samstag Abend ließ ich mich in der Grabeskirche einsperren. Um 19 Uhr erfolgte die Schließung. Ca. 20 Leute waren dort. So konnte ich in Stille den Raum nochmal neu erfahren und an verschiedenen Orten beten und kam auch ungestört in die Grabkammer selbst hinein. Aber auch nachts ist in der Grabeskirche was los: Kerzenständer werden gereinigt, der Boden geputzt, gehämmert, ein Wecker klingelte. Um 22.30 Uhr öffnete die Kirche schon wieder, weil die Liturgien sonntags um 23 Uhr anfangen (das entspricht 0 Uhr Grabeskirchenzeit), dazu erklang das volle Glockengeläut. Die Griechen und die Kopten eröffneten den Reigen der Liturgien. Am Sonntag kamen rund 200 Gäste zur Messe in der Dormitio, dazu 20 Priester und 2 Bischöfe. Die Choralschola des Studienjahres sang, so war es ein einmaliges Erlebnis. Seit Montag beginnen die Vigilien und die Laudes in der Abtei erst um 6 Uhr – da stehen die Chancen besser, dass man aus dem Bett kommt. ;-) Auch die Komplet hat sich verändert: Wurden bisher verschiedene Arten von Kompleten gesungen (römisch, monastisch, mit Elementen aus der jüdischen oder muslimischen oder ostkirchlichen Gebetstradition), so wird nun jeden Tag die gleiche, monastische Komplet gesungen. Unsere verzweifelte Suche nach der syrisch-orthodoxen Versöhnungsliturgie (die gar nicht stattfand) am Montag um 7 Uhr rundum die Grabeskirche endete damit, dass uns ein Kopte für verirrte Touristen hielt und uns den Weg zum Eingang der Grabeskirche wies. Am Dienstag ging es nach Tel Aviv. Die Stadt, die international als Hauptstadt gilt (Israel hingegen betrachtet Jerusalem als seine Hauptstadt) wurde 1909 von jüdischen Siedlern aus Jaffo, der älteren Stadt (3500 Jahre alt), die heute zu Tel Aviv gehört, in Sanddünen gegründet. Das erste Haus, das errichtet wurde, wurde später das erste Kunstmuseum und 1948 zum Schauplatz der Staatsausrufung. Zwar wird von Tel Aviv immer als Gegenpol zum religiös aufgeladenen jerusalem gesprochen, die Straßen waren aber dennoch mehr oder weniger beschaulich. Allerdings erinnert die Masse von Hochhäusern an Städte wie Frankfurt oder gar New York. Die vielen Bauhaus-Gebäude in Tel Aviv sind dafür verantwortlich, dass die Innenstadt zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Wir trafen auch den deutschen Botschafter, der uns von den aktuellen Themen und Entwicklungen (arabischer Frühling, Iran, Nahostkonflikt, israelische Innenpolitik) erzählte. In der Universität wurden wir durch die archäologische Abteilung geführt und sahen z.B., wie Keramikscherben von Ausgrabungen zusammengesetzt werden. Der Tag klang in Jaffo, der alten Stadt aus. In mittelalterlich anmutenden Gässchen mit einem wogenden Meer ließ es sich gut spazieren gehen. Von Donnerstag bis Sonntag hatten wir frei, um längere Touren unternehmen zu können. Donnerstags fuhr ich mit der Familie einer Freundin von der Uni, die gerade Jerusalem besuchen, ans Tote Meer. Leider ist das Wetter in Jerusalem im Moment so wie in Deutschland an dunklen Novembertagen (grau, es regnet ohne Unterlass, worauf die Straßen und Kanalisation natürlich gar nicht ausgelegt sind), was sich auch übers Gebirge bis ans Tote Meer zieht. Hier war baden zu starken Windes wegen verboten, sodass ich mich darauf beschränken musste, mit den Füßen in das Salzwasser zu gehen. Zufällig traf ich hier auch Altbekannte aus Abu Ghosh wieder, die auf einer Wanderung waren. Zurück in Jerusalem zeigte ich ihnen noch einige Sehenswürdigkeiten, was mir wieder viel Freude bereitete. Jetzt ist es schon „nächsten Monat“, da ich wieder nach Hause fahre. Die Wochen verrinnen, die Wochenenden noch mehr.

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