Gebetswoche für die Einheit der Christen

Veröffentlicht auf von yerushalayimshelzahav

In Emmaus besuchte ich die Kirche, die auf dem angeblichen Haus des Cleophas, in welchem Jesus gegessen haben soll, steht. Der Hochaltar ist mit drei Figuren – dem Herrn und den zwei Jüngern - beim Mahl geschmückt, sehr gewöhnungsbedürftig. Auch die römische Straße ist noch zu sehen. Früher kamen hier viele Gruppen hin, letztes Jahr waren es noch zwei, die den Weg über die Checkpoints auf sich nahmen. Auch das ehemalige Vorseminar ist geschlossen, sodass auf dem großen Anwesen nur noch zwei Brüder und ein Mitarbeiter wohnen. Diese luden uns bei unserer Besichtigungstour noch zu einem Kaffee ein.
Am Montag führte uns Prof. Neuwirth nochmal über den öffentlichen Bereich des Tempelbergs, den wir bisher nicht gesehen hatten, und durch das mamelukische Viertel. Ihr Engagement und ihre Kontakte öffneten noch so manchen Zugang.
Von Samstag bis Samstag fand die Gebetswoche für die Einheit der Christen statt. Jeden Nachmittag um 17 Uhr versammelten sich Christen, darunter auch hohe Vertreter, im Gotteshaus einer anderen Konfession bzw. eines anderen Ritus und beteten zusammen, immer gemäß dem Ritus und der Sprache des Gastgebers gestaltet. Ein Vater Unser wurde immer gemeinsam gebetet. Anschließend wurde immer zu einem Empfang geladen, bei denen uns Studenten verschiedene Kirchenvertreter ansprachen. Es war berührend, mit einer Stimme Christus anzurufen. Hier wurde mir sehr klar, welch Schmerz die Trennung doch ist, da wir doch alle an den selben Gott glauben. Die ist nicht wegzuleugnen und auch nicht durch Aktionismus zu überwinden, sondern da bedarf es des gnadenvollen Eingreifens des Herrn und des Gebetes. Unsere gemeinsame Aufgabe bleibt aber der Aufbau des Reiches Gottes.
Wir trafen auch immer wieder Ordensleute, die wir von unseren zahlreichen Besuchen in verschiedenen Klöstern und Konventen kennen.
Die Griechisch-Orthodoxen feierten in der Grabeskirche eine ganz normale Vesper, an der man ausnahmsweise teilnehmen durfte.
Die Armenier hatten in ihrer sonst sehr dunklen Kathedrale viele Öllampen angezündet und beeindruckten durch ihren liturgischen Gesang, der dem Kosakengesang ähnelt. Den Segen zum Abschluss spendeten nacheinander alle anwesenden Hierarchen.
In der Erlöserkirche zelebrierten Geistliche beiden Geschlechts der verschiedenen Nationalkirchen. Der Bischof für die Araber im Heiligen Land und in Jordanien rief mit lauter Stimme in der Predigt dazu auf, zu erkennen, dass wir Christen durch Christi Kreuz verbunden sind und deshalb die Differenzen beiseite tun sollten, um gemeinsam Eucharistie bzw. Abendmahl feiern zu können.
Im lateinischen Patriarchat gab es eine gut katholische Liturgie mit vielen Bischöfen und Priestern, Weihrauch und Schola.
Im Abendmahlssaal, der sonst für religiöse Zeremonien nicht zur Verfügung steht, feierten wir eine von der Abtei im Stile von Taizé (d.h. diese Art Liedern, von zwei Studienjahrlerinnen auf der Flöte begleitet; freie Fürbitten) vorbereitete Wort-Gottes-Liturgie. Ein griechisch-orthodoxer Vertreter ergriff nach der Ansprache des Abtes spontan das Wort und brachte seine Ansicht zum Ausdruck, dass der christliche Glaube in der orthodoxen und katholischen Kirche zu finden ist... Die Predigt von Abt Gregory ist hier zu finden: http://www.dormitio.net/aktuelles/texte/aktuelles.text.45/index.html, Fotos gibt’s hier: https://picasaweb.google.com/medialpj/Cenacle?authkey=Gv1sRgCIvVl8na2uiyEA .
Das Gebet bei den Kopten wurde sogar auf christlichen TV-Sendern übertragen (hier gibt es die entsprechenden Filme: http://prayrup.info/en/participate-to-the-prayer-in-jerusalem/). Neben koptischen Gesängen, untermalt von Triangel und Schellen, sang auch der Chor der syrischen Gemeinde.
Der Abschluss fand bei den Melkiten, den Katholiken des griechischen Ritus im Orient, statt. Sie feierten ihre Vesper mit integriertem Gebet um Einheit und hatten dabei die ganze Tür die Schöne Pforte, d.h. den Haupteingang zum Altarraum durch die Ikonostase offen, sodass man auch da gut hineinsehen konnte.
Zu den Anglikanern konnte ich leider nicht gehen, und auf dem Weg zu den Äthiopiern kehrten wir im Regensturm nach 5 Minuten um.
Mir ist in dieser Woche aufgefallen, dass wir hier im Studienjahr noch nie für die Einheit bzw. das Gelingen der Ökumene gebetet haben. Wir versuchen tagtäglich, uns besser zu verstehen, beten auch gemeinsam in der Heiligen Messe und bei Tisch und unternehmen verschiedene Schritte in Richtung Einheit, aber wir beten nie für die Einheit. Die protestantische Perspektive sieht aber, wie ich gehört habe, auch nicht Einheit als Ziel, da die kirchlichen Gemeinschaften der Reformation ohnehin stets landeskirchlich organisiert sind ohne komplette Einheit zu haben.
Wir fuhren mit den Studenten von „Studium in Israel“ – dem Parallelprogramm von evangelischer Seite - auf Exkursion in die Nähe von Bethlehem. Erste Station war das Herodeion. Herodes d. Gr. hat hier, 12 km südlich von Jerusalem, einen Hügel aufschütten lassen, auf dem er prächtige Paläste baute. Auch ein Pool in der Größe eines kleinen Sees durfte bei ihm nicht fehlen. Hier hat man auch sein Grab entdeckt. Das Zisternensystem zur Wasserspeicherung ist enorm groß. Nach seinem Tod wurde das Herodeion von Aufständischen in den jüdischen Kriegen genutzt. Wie schon öfters erlebt, kamen während unseres Rundgangs arabische Beduinenkinder und fragten nach Geld. Auf unserer Fahrt sahen wir, dass das karge Land durch die Regenfälle der letzten Wochen nun grünt. Auch Hirten treiben ihre Herden nun über die Straßen auf Wiesen. Zweiter Halt waren die „Teiche Salomos“ - riesige Wassersammelbecken aus der Zeit von Herodes (dass sie von Salomo sind, ist frommes Wunschdenken), die die Wasserversorgung Jerusalems sicherstellten. Zum Abschluss fuhren wir in die Nähe von Bethlehem auf die Hirtenfelder. Felder sieht man hier zwar nicht mehr, aber Höhlen/Grotten, die um die Zeitenwende auch bewohnt waren.
Die Straßensperren an den Übergängen ins Westjordanland der palästinensischen Sicherheitskräfte scheinen improvisiert – rot-weiße Hütchen und leere Ölfässer müssen dazu herhalten.
Im Hörsaal beschäftigten wir uns mit den verschiedenen architektonischen und liturgischen Konzepten der Grabeskirche im Laufe ihrer Geschichte. Bei der dazu angebotenen Führung lernte ich die Grabeskirche neu zu sehen, mehr zu verstehen und nun auch zu schätzen.
Seit Beginn des 4. Jahrhunderts steht hier eine Kirche, die auf ein Grab verweist – das Grab, in welchem Christus gelegen haben soll und von dem er auferweckt wurde. Allerdings ist durch mehrfache Zerstörung und Umbau wohl nichts mehr vom ursprünglichen Grab erhalten geblieben. Die geteilte Christenheit hat sich immer darum gestritten, wer welchen Anteil an dieser Kirche haben darf, heute geht es relativ friedlich zu und die Konfessionen arbeiten meist gut zusammen (erster Erfolg: Man hat die Toiletten renovieren können...). Die Kirche ist von Touristen und Pilgern überströmt, und in verschiedenen Ecken lagern verschiedene Gegenstände der Konfessionen. Markant und beispielhaft ist die Leiter auf dem Fenstersims übe dem Eingang: Früher lagerten die Armenier hier Sachen, heute brauchen sie diesen Raum nicht mehr. Da sie aber das Recht haben, dort eine Leiter stehen zu haben, tun sie dies auch weiterhin.
Am Samstag Abend luden die Kommilitoninnen uns Studenten zu einem Frauenabend. Anhand biblischer Frauenfiguren stellten sie Schönheits- und Charaktereigenschaften von Frauen vor. Man lernt halt nie aus. ;-)
Am Sonntag gingen wir erst zur Messe der armenisch-katholischen Gemeinde und dann zu den Anglikanern – die Sonntage, die uns für derlei Unternehmungen noch bleiben, sind nämlich sehr begrenzt.
Die katholischen Armenier feiern in ihrem eigenen Ritus, der eine Mischung aus altem lateinischen und byzantinischen Ritus ist: Der Priester trägt eine Krone wie ein Byzantiner und hat auch ein ähnliches Messgewand, segnet oft mit einem handkreuz, der Diakon fungiert als Mittler zwischen Priester und Gemeinde, indem er die Gemeinde zu bestimmten Handlungen aufruft. Es wurde auch für den „Thron Armeniens“ gebetet – typisch nationalkirchlich. Der Messablauf entsprach ansonsten zu großen Teilen dem des tridentinischen Ritus, mit dem Gebet des Ps 43 zu Beginn u.Ä..
Bei den Anglikanern in der St. George’s Cathedral war der Messablauf auch zu großen Teilen identisch mit dem des römischen Ritus, mit der Ausnahme, dass mehrere Texte von allen und nicht allein vom Vorsteher gesprochen wurden. Die Predigt war lang, frei vorgetragen und mit vielen dialogischen Elementen versehen. Das eucharistische Hochgebet wurde sehr schnell abgehandelt. Zum Schluss sangen wir einen Hymnus auf Zion auf die Melodie der deutschen Nationalhyme.
In beiden Liturgien erfolgte der Friedensgruß vor der Gabenbereitung, was auch dem Heiligen Vater sinnvoll erscheint.
Das Wetter hier gleicht im Moment dem deutschen April. Auf Weltuntergangsstimmung am einen Tag folgte ein Tag mit blauem Himmel und viel Sonne.

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