Abschlusswochenende

Veröffentlicht auf von yerushalayimshelzahav

In der letzten Woche ist nicht allzu viel passiert.
Am Dienstag traf ich einen Prämonstratenser aus Duisburg, den ich über Leute aus Bonn kenne – immer wieder schön, Leute aus der Heimat hier zu treffen. Überhaupt trifft man im wuseligen Jerusalem immer wieder bekannte Leute, wenn man durch die Straßen geht – verrückt.
Die letzte Vorlesungsstunde zu Gericht und Hölle in den christlichen Apokryphen verbrachten wir im Österreichischen Hospiz bei Kaffee und Sachertorte. Prof. Markschies brachte in den Schlussthesen zum Abschluss der Vorlesung als meiner Erinnerung nach erster Dozent hier die Position, dass es nach dem Tod sehr wohl Schmerz angesichts der eigenen Sünden gebe.
Für Donnerstag war geplant, von 5.15 Uhr (sic!) bis 19 Uhr 5 eisenzeitliche (ca. 3000 Jahre alt) Ausgrabungsstätten in der Schefela-Ebene südlich von Jerusalem zu besichtigen. Der Archäologe, der uns führen sollte, wohnt in Beerscheva und sagte Mittwoch Nacht die Exkursion ab, da er wegen anhaltenden Raketenbeschusses nicht aus Beerscheva herauskommt. Wir in Jerusalem sind davon nicht betroffen, denn die Raketen aus dem Gazastreifen reichen nicht bis hierher und außerdem würden hier auch evtl. Araber getroffen. Des Weiteren gibt es das System „Iron Dome“, mit dessen Hilfe Raketen, die auf besiedelte Gebiete fallen würden, abgefangen werden.
Den freien Tag nutzte ich z.B. für den Besuch des Tunnels an der Klagemauer. Im Rahmen der Ausgrabungen entstanden Tunnel entlang der Klagemauer unter heutigem Straßenniveau, durch die wir mit einer Gruppe Amerikaner geführt wurden. Die Führung beruhte komplett auf den biblischen Geschichten, und es gab aufwändige technische Installationen, um verschiedene Epochen der Nutzung und Bebauung des Tempelberges zu demonstrieren. Die Touristen waren von den 2000 Jahre alten Steinen, an denen wir im Untergrund vorbeiliefen, fasziniert. Merke: Nach dem Studienjahr können einen biblische Geschichten und 2000 Jahre alte Steine nicht mehr beeindrucken.
Das Wochenende war unser Abschlusswochenende. Dazu fuhren wir nach Bet Gemal, dort, wo wir auch im Dezember während unseres monastischen Wochenendes untergekommen waren. Die Einheiten drehten sich vorwiegend in Kleingruppen um die inhaltliche, geistliche und persönliche Reflexion des Studienjahres. Geschlafen wurde mit 12 Mann im Schlafsaal mit 24 Betten. Die Messen bei den „schweigenden“ Brüdern bzw. Schwestern, die teilweise auf hebräisch gehalten wurden, waren wieder beeindruckend. Und in wunderbarer grüner Natur lud die Sonne zum Spazierengehen ein.
Die Zeit verschwimmt hier: Vor zwei Wochen war ich im Schnee in Jordanien, jetzt ist hier Sonne und es die zwei Wochen kommen mir auch länger vor. Einiges vom Beginn des Studienjahres ist sehr präsent, während Anderes, das noch nicht so lang her ist, als ewig lang zurückliegend erscheint.
Papst Shenouda III., das Oberhaupt der Kopten, ist gestorben. Solch eine Botschaft hat hier durchaus Relevanz, mehr als in Deutschland. Dagegen ist die Bundespräsidentenwahl, die diesmal als „Formsache“ bezeichnet werden kann, kein Gesprächsthema.

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