Der es trug, der ist nicht mehr – Yad VaShem

Veröffentlicht auf von yerushalayimshelzahav

Am Dienstag ging es nach Yad Vashem, der Shoa-Gedenkstätte („Holocaust“ bedeutet „Brandopfer“, was problematisch ist). Sie liegt in Jerusalem, neben dem Herzl-Berg, auf dem die Gebeine Theodor Herzls, des Kopfes des frühen Zionismus, beigesetzt wurden. Eine ehemalige Studienjahrlerin, die nun Jüdin ist, hier lebt und in Yad VaShem gearbeitet hat, führte uns. Der Name bedeutet „Denkmal und Name“, von Jes 56,4f.: „Denn so spricht der Herr: Den Verschnittenen, die meine Sabbate halten, die gerne tun, was mir gefällt, und an meinem Bund festhalten, ihnen allen errichte ich in meinem Haus und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen, der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, der niemals ausgetilgt wird.“

1953 beschloss man eine eigene Shoa-Gedenkstätte, die auch in Israel liegt, damit die Juden hier ihrer ermordeten Glaubensbrüder gedenken können (für Zionisten war es unvorstellbar, dass Juden nach 1948 noch lieber woanders wohnen). Ein Großteil wurde aber erst im letzten Jahrzehnt gebaut. Davor wurde schon in unmittelbarer Nachbarschaft hier auf dem Zion ein Holocaust-Keller eingerichtet mit eher religiösen Zeugnissen von der Shoa. Der Zion hier war immerhin der Punkt, an den Juden am nächsten an den Tempelberg herankamen, als die Altstadt bis 1967 noch in jordanischer Hand war.

Die Gedenkstätte ist sehr groß und umfasst verschiedene Gebäude und Plätze. Was wir nicht besuchten, waren das Schulungszentrum und das Archiv zur Shoa.

Die Ausstellung zur Shoa ist unterirdisch, es führt bergab bis zur systematischen Vernichtung, danach geht es bergauf, wenn man herauskommt, erwartet den Besucher ein Panorama-Blick über das neue Israel.

Die Ausstellung beginnt mit einem Film, der Juden in Europa zeigt – mehr oder weniger integriert, mit einem blühenden Gemeindeleben, ein ausgestelltes Wohnzimmer zeigt, dass die Juden sich als richtige Deutsche fühlten, besonders nach dem 1. Weltkrieg, in dem sie mitkämpften. Dann zum ersten Mal konkrete, echte Gegenstände: Sachen, die in befreiten Lagern bei toten Juden gefunden wurden – Familienbilder, Taschenuhren. Der es trug, der ist nicht mehr.

Nun folgt, was man aus dem Geschichtsunterricht kennt – Deutschland 1918-33 bzw 1937. Filme von Reden Hitlers, Schilder „Kauft nicht bei Juden“ – wir verstehen es alles, es ist unsere Muttersprache.

Dann Bilder, Geschichten, GESICHTER aus den Ghettos, Berichte von Überlebenden von Massenerschießungen der Einsatzgruppen in Osteuropa - 33.000 Tote an zwei Tagen. Die Täter waren Akademiker, „Befehlsnotstand“, der Plan, ALLE Juden zu töten, welcher nur durch den Kriegsverlauf vereitelt wurde.

Und dann sieht man sie – die Gleise, die Züge, das Tor von Auschwitz, die Rauchwolken, die Leichenberge. Die Opfer wurden angelogen, wussten nicht, was sie erwartet. Vermutlich ist die Shoa wirklich einmalig, denn hier plante man den Völkermord systematisch – wie kann man möglichst schnell möglichst Viele umbringen? Und immer wieder Gegenstände – Häftlingskleidung, Schuhe von den Todesmärschen – der es trug, der ist nicht mehr. Und als Ergebnis hinter allem steht – der Staat Israel! Die Zionisten wollen zeigen, dass sie damit Recht hatten, dass Juden in Europa nicht leben können und einen eigenen Staat brauchen, der ihnen nun alles bietet, was sie sich wünschen. Aber ob die Juden hier wirklich sicher leben?

Zum Schluss der Ausstellung kommen wir in die Halle der Namen: In einem runden, hohen Raum sind die Regale voll mit Ordnern mit Akten über jeden einzelnen bekannten Toten der Shoa (lange nicht jeder ist bekannt). Von einigen sind auch Bilder ausgehängt – die Shoa-Opfer bekommen ein Gesicht.

Unabgesprochen schweigend gehen wir weiter, vorbei an der Synagoge, zum Kinderdenkmal. In einem dunklen Raum, der durch 5 Kerzen, die sich hundertfach spiegeln, werden die Namen der ermordeten Kinder vorgelesen, ca. 1,5 Millionen.

Durch die Anlage zieht sich die „Allee der Gerechten unter den Völkern“: Wer sich unter Einsatz seines Lebens um die Rettung von Juden verdient gemacht hat oder es versucht hat, wird hier mit einem Baum geehrt. Im „Garten der Gerechten“ werden die Namen mittlerweile auf Steintafeln gemeißelt, weil die Allee keinen Platz für Bäume mehr bietet, mittlerweile sind 23.000 Personen anerkannt.

Im Tal der Gemeinden sind in Fels gemeißelt die Namen der Städte von ausgelöschten jüdischen Gemeinden. Sehr viele. Zwischendurch sehen wir immer wieder Denkmäler – für den Aufstand im Warschauer Ghetto, Partisanen etc.

Als ältestes Gebäude der Stätte besuchen wir das Zelt der Erinnerung, hier werden von Staatsgästen auch immer die Kränze niedergelegt. Eine dunkle Halle, schwarzer Boden, in den die Namen der größten Konzentrations- und Vernichtungslager geschrieben sind. Unter einem schwarzen Stein ist wie in ein allgemeines Grab die Asche von Shoa-Opfern bestattet - der es war, der ist nicht mehr.

Durch das Tor hindurch, auf welchem Ez 37,14 zu lesen ist, gingen wir auf den Herzl-Berg. Theodor Herzl ist auf einem großen Platz in einem Grab bestattet. In der Nähe sind auch die Gräber seiner Familie und anderer führender Zionisten zu finden. Dann kommt man auf den Friedhof der Staatspräsidenten und Ministerpräsidenten, das Grab von Yizchak Rabin sticht heraus. Dann Gräber und Denkmäler für freiwillig für die Briten kämpfenden Juden, ein großer Militärfriedhof, der immer noch gebraucht wird...

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